Titelthema
Bürgerwind für Extertal
Heinrich-Wilhelm Tölle weiß immer ganz genau, ob der Wind weht. Nicht nur, weil er sich als Landwirt berufsbedingt intensiv mit den Wetterprognosen beschäftigt, sondern weil er Windkraftanlagen betreibt. Privat, beruflich und als Mitglied der Bürgerenergie Extertal eG.
Neun Jahre hat es gedauert, bis die Planungen von Bürgerwindanlagen im Extertal endlich in die Tat umgesetzt werden konnten. Im Januar 2024 ist eine Genossenschaft gegründet worden und wird zwei Anlagen betreiben. Der lange Atem hat sich gelohnt, davon ist Heinrich-Wilhelm Tölle überzeugt. „Die Genehmigungspraxis ist nach wie vor schwierig, Anträge haben eine zu lange Bearbeitungszeit. Manche Typen sind dann schon gar nicht mehr lieferbar oder nicht mehr zeitgemäß“, bedauert der 68-Jährige. Prüfungen zum Lärmschutz, zum Schallschutz, zum Artenschutz sowie die umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligung mit vorgegebenen Fristen nennt Tölle als maßgebliche Gründe für Verzögerungen.
Neben Schwarz-Störchen und Uhus gebe es im Extertal beispielsweise ein hohes Vorkommen an Rotmilanen, was für Konfliktpotential sorge. „Da muss geprüft werden, ob Horste vorhanden sind, die noch aktiv bebrütet werden.“ Dass ein Rotmilan sich jedes Jahr neu orientiere, mache die Sache nicht gerade einfacher.
Gesellschaftlich seien die großen Windräder längst anerkannt, ist Heinrich-Wilhelm Tölle überzeugt. „Trotzdem mag sie nicht jeder. Die Anlagen sind weithin sichtbar und hörbar.“ Deshalb müsse das Brummen bei den Bürgern auch im Portemonnaie zu hören sein. Darauf arbeitet die Genossenschaft hin. Zum einen werde Betroffenen ein Wohnungsbonus gezahlt und zum anderen können alle Extertaler Anteilseigner werden. Einzahlungen zwischen 2.000 und 80.000 Euro an Eigenkapital sind möglich, um jährlich 6 Prozent Rendite einzustreichen und nach 20 Jahren das Eigenkapital zurückzuerhalten. „Wir kommen dem Ziel, unseren Ort autark mit Windenergie zu versorgen, immer näher“, verweist Tölle auf große Anlagen, die auch Schwachwind einfangen.
Der Landwirt, der sich von jeher mit regenerativer Energie beschäftigt, versorgt seinen heimischen Betrieb schon seit 2013 mit einem Hofwindrad. Vor über 20 Jahren waren seine Nachbarin und er Mitgründer der Firma WINDEX GmbH & Co. KG, die ebenfalls zwei Windkraftanlagen vor Ort betreibt. „Diese Anlagen sollen repowert werden, das Genehmigungsverfahren läuft jetzt an“, berichtet Heinrich-Wilhelm Tölle und visiert die Umsetzung in den kommenden Jahren an.
Text: Sandra Castrup
Freie Journalistin