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Konjunktur in Lippe

Mit dem Krieg gehen starke Preissteigerungen für Rohstoffe und Energie einher. Hinzu kommt eine Konjunkturbelastung durch die kompromisslose Covid-Bekämpfung in China. Die Geschäftslage verschlechtert sich. Nur 31 Prozent aller Unternehmen in Lippe bewerten die aktuelle Geschäftslage mit gut (-10,0 Prozent zur Vorumfrage). Jedes sechste Unternehmen gibt eine schlechte Lage an.

Die allgemeine Geschäftserwartung zeichnet ein düsteres Bild, da die weitere Entwicklung in der Ukraine unvorhersehbar ist. Jedes vierte Unternehmen geht von einer schlechten Entwicklung aus. In der Industrie sogar jedes Zweite. Branchenübergreifend glauben 53,2 Prozent, dass sich ihre Ertragslage im laufenden Jahr verschlechtern wird. Fast jedes fünfte Unternehmen rechnet binnen Jahresfrist mit einem Rückgang des Exports. Allein in im Gastgewerbe sind die Geschäftserwartungen positiv. Hier glauben 29,3 Prozent an eine Besserung.

Als größtes Risiko werden derzeit die steigenden Energie- und Rohstoffpreise (80,7 Prozent), die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (51,1) und der Fachkräftemangel angesehen (50,8).

44 Prozent der Unternehmen haben Preiserhöhungen bereits weitergegeben. Ein Drittel will dies noch tun. Ein Fünftel kann oder will keine Kostensteigerungen weitergeben.

Geringere Investitionen plant ein Drittel der Unternehmen ein. Hauptgründe sind eine zu geringe Nachfrage (53,6 Prozent), vorhandene Kapazitätsreserven (32,9), Eigenkapitalmangel (25,0) und administrative Hemmnisse (17,1).

Die Beschäftigungspläne bleiben trotz der Unsicherheiten stabil. 17,5 Prozent wollen Arbeitsplätze reduzieren. Ein Fünftel will zusätzliches Personal einstellen. Bei dem Großteil bleibt die Zahl der Mitarbeitenden gleich.

Die lippische Wirtschaft leidet wegen der anhaltend hohen Infektionszahlen stark unter Personalausfällen. Jedes vierte KMU meldet Probleme im Geschäftsbetrieb. In der Industrie vergeben 40 Prozent gute Konjunkturnoten, zehn Prozent schlechte. Von einer weiteren Verschlechterung der Situation geht hier allerdings jedes zweite Unternehmen aus.

Die Lieferkettenprobleme belasten zunehmend die Liquidität. Viele Rohstoffe und Vorprodukte kommen verzögert oder nicht an. 85 Prozent leiden unter Lieferschwierigkeiten. Viele Betriebe drosseln die Produktion oder stellen sie ein.

Die Importpreise waren zuletzt um 31,2 Prozent höher als vor einem Jahr.

Eine solche Veränderung hatte es zuletzt 1974 im Rahmen der Ölkrise gegeben. Im Handel laufen die Geschäfte nicht rund. 30 Prozent vergeben gute Konjunkturnoten (Vorjahr: 37,1 Prozent), die Hälfte berichtet von einer befriedigenden Lage (30,9). 18 Prozent bezeichnen ihre gegenwärtige Situation als schlecht (32,0). Die Geschäftserwartungen brechen ein: Von einer schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung gehen 36,8 Prozent aus (19,8).

Sowohl der Einzel- als auch Großhandel steigert seine E-Commerce-Aktivitäten. Die digitale Sichtbarkeit des lippischen Einzelhandels nimmt Fahrt auf. Die Kombination aus persönlichem und digitalem Service wird wichtiger, denn viele Kund:innen kaufen kanalübergreifend ein.

Die Kundenfrequenz hat das Niveau vor Ausbruch der Pandemie noch nicht wieder erreicht. Preisanstiege hemmen die Konsumlaune. Der Arbeitskräftemangel stellt nicht nur für den Handel eine große Herausforderung dar. Doch hier sind viele Mitarbeitende auch noch in Kurzarbeit.

Sowohl die Geschäftslage als auch die -erwartung ist im Dienstleistungsgewerbe zurückgegangen.

Jede dritte Rückmeldung ist positiv, 57 Prozent geben befriedigend an. Auftragsrückgänge drücken die Erwartungen. Eine schlechtere Entwicklung erwartet ein Drittel, 14 Prozent glauben für die Zukunft an eine Verbesserung.

Einige Sektoren haben nach dem Wegfall der Einschränkungen noch Aufholpotenziale. Die Immobilienwirtschaft profitiert weiterhin von der starken Nachfrage nach Wohnungen und Gewerbeobjekten. Die Lage der unternehmensbezogenen Dienstleistenden hat sich etwas verbessert. Werbeagenturen berichten, dass die Vorsicht bei Projektvergaben wieder angestiegen sei. Gleiches gilt für die Vergabe von Marketing- und Werbebudgets. Die Kundenbindung wird in jedem Sektor wichtiger. Zahlreiche inhabergeführte Unternehmen passen ihre bisherigen Geschäftsmodelle an. EDV-Unternehmen und Unternehmensberatungen mit Schwerpunkten in Digitalisierung und IT-Sicherheit melden gut ausgelastete Auftragsbücher. Busunternehmen und Reisebüros profitieren nicht von der gesteigerten Nachfragen nach beliebten Urlaubsdestinationen, wie dem Mittelmeerraum. Die lippische Reisewirtschaft hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Mit den zurückgehenden Infektionszahlen wird jedoch eine robuste Aufwärtsbewegung immer wahrscheinlicher.

Das Gastgewerbe ist in Aufbruchstimmung. Die Branche profitierte zuletzt von der Aufhebung vieler Einschränkungen.

7,3 Prozent berichten von einer guten Lage (Vorjahr: 6,8 Prozent), 43,9 Prozent (74,6) befinden sich in einer schlechten Situation. Der Umsatz liegt aktuell ein Drittel unter dem Niveau des Februars 2020, dem Monat vor Ausbruch der Pandemie. Auch im Gastgewerbe fehlt es jedoch an Personal. Eine zentrale Herausforderung besteht auch in der Entlohnung des Personals aufgrund von Tarifabschlüssen sowie der beschlossenen Anhebung des Mindestlohns.

Wir bedanken uns herzlich bei den 270 lippischen Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben.

 

   

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