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5 Billionen Euro sind zu viel

Die Fortsetzung der bisherigen Energiewende-Politik kostet Deutschland bis zu 5,4 Billionen Euro und wäre damit eine fundamentale Bedrohung für den Standort Deutschland. Das zeigt die aktuelle Studie „Neue Wege für die Energiewende (Plan B)“, die die Wirtschaftsberatung Frontier Economics für die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erstellt hat. Damit die Energiewende erfolgreich wird, müsse die Politik jetzt umsteuern. Mit den richtigen Maßnahmen seien Einsparungen von mehr als einer Billion Euro bis 2050 möglich.

Energiesystemkosten steigen drastisch

In den letzten Jahren sind die Kosten für das Energiesystem – darunter Investitionen in die heimische Energieerzeugung und Energienetze, laufende Kosten für den Betrieb von Netzen und Kraftwerken sowie Ausgaben für Energieimporte – deutlich gestiegen. Und sie werden in Zukunft weiter dramatisch steigen. Die DIHK-Studie schätzt diese Kosten auf 4,8 bis 5,4 Billionen Euro für den Zeitraum 2025 bis 2049. Davon entfallen 2,0 bis 2,3 Billionen Euro auf Energieimporte, 1,2 Billionen Euro auf Netzkosten (Investitionen und Betriebskosten), 1,1 bis 1,5 Billionen Euro auf Investitionen in die Energieerzeugung und rund 500 Milliar­den Euro auf den Betrieb von Erzeugungsanlagen.

Verlust der Wettbewerbsfähigkeit

„Mit der aktuellen Politik ist die Energiewende nicht zu stemmen“, kommentiert DIHK-Präsident Peter Adrian die Ergebnisse. Energieintensive Unternehmen verlagerten schon jetzt ihre Produktion und damit Arbeitsplätze verstärkt ins Ausland. Adrian warnt: „Wenn wir den aktuellen Weg der Energiepolitik unter diesen Vorgaben weitergehen, gefährden wir nicht nur den Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern erweisen auch dem notwendigen Ziel der Klimaneutralität einen Bärendienst.“ Es brauche dringend ein Umdenken in der Energiepolitik, um die Belastungen durch die Energiewende in Deutschland zu reduzieren.

Denkanstöße für eine kosteneffizientere Energiewende

Um dieses Ziel zu erreichen, müsse der Wettbewerb gestärkt, Technologieoffenheit zugelassen und Flexibilität ermöglicht werden, sind die Studienautoren überzeugt. Zentrales Instrument in dem vorgeschlagenen Modell ist eine Ausweitung und bürokratiearme Gestaltung des CO2-Zertifikatehandels. Die Klimaziele für Deutschland sollten dabei regelmäßig an die Fortschritte anderer bedeutender Industriestaaten beim Klimaschutz angepasst werden, um Wettbewerbsnachteile durch nationale Alleingänge zu vermeiden. Zudem sollte auf zu kleinteilige Regulierungen und unnötige Bürokratie verzichtet sowie der Wettbewerb zwischen den Technologien für erneuerbare Energieanlagen verstärkt werden.

Mit den vorgeschlagenen Strategien der Studie ließen sich bis 2050 zwischen 530 und 910 Milliarden Euro einsparen. Allein durch neue politische Weichenstellungen könnten bis zu 17 Prozent der geschätzten Gesamtkosten der Energiewende vermieden werden. Weitere 80 bis 220 Milliarden Euro Einsparpotenzial könnte allein eine Verschiebung des Ziels der Klimaneutralität um beispielsweise zwei Jahre bewirken. Würde man künftig auch internationale Kooperationen bestmöglich nutzen, ergäben sich insgesamt Einsparmöglichkeiten von potenziell weit über einer Billion Euro bis 2050.

Ein besserer Weg zum Ziel

Mit einer übergreifenden Netzplanung, dem Auslaufen der Erneuerbaren-Förderung für bereits wirtschaftliche Anlagen und einem effizienteren Energiemix, der technologieoffen auch den Einsatz von Biomethan, „blauem“ Wasserstoff oder mit dekarbonisiertem Erdgas berücksichtigt, wäre aus Sicht der Studienautoren ein weiterer wichtiger Schritt getan. Zudem sollte der Bau neuer Gaskraftwerke nicht über staatliche Förderung, sondern über marktwirtschaftliche Anreize wie eine Absicherungspflicht für Stromversorger gesteuert werden.

Diskussion ohne Scheuklappen führen

„Eine Billion Euro weniger, das klingt nach einem guten Ergebnis. Aber vier Billionen Euro bleiben eine riesige volkswirtschaftliche Herausforderung“, meint dazu Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK. „Umso wichtiger ist, jetzt ohne Scheuklappen darüber zu sprechen, was volkswirtschaftlich machbar und klimapolitisch sinnvoll ist“, fordert Jochens. Die Ausgestaltung der Energiewende müsse flexibler und einfacher werden, ist sie überzeugt: „Durch Technologieoffenheit können wir die Kosten reduzieren, Raum für Innovationen schaffen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Standorts Deutschland erhalten.“

 

   

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