Titelthema
Bildung gestalten – bevor uns die Kräfte ausgehen
Es beginnt auch hier nicht mit einer Zahl.
Sondern mit einem fehlenden Menschen. Einer offenen Stelle, die niemand antritt. Einer Klasse, die nicht mehr zustande kommt. Jede dieser Lücken schwächt die Bildungs- und Wirtschaftskraft unserer Region – und sie machen deutlich: Wir können uns Stillstand nicht mehr leisten.
Fachkräftemangel frisst Zukunft
Das Ringen um qualifizierte Menschen entscheidet mit über Investitionen, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand – auch in Lippe. Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist längst strukturelle Realität. Seine Ursachen sind vielschichtig: demografische Entwicklungen, veränderte Bildungsbiografien, verschobene Wertvorstellungen. Eine einfache Antwort gibt es nicht. Aber eine klare Haltung: Bildung muss ins Zentrum – politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich.
Bildung und Wirtschaft müssen enger verzahnt werden. Dafür gilt es, Impulse zu setzen, notwendige Veränderungen anzustoßen und Strukturen zu schaffen, die jungen Menschen Perspektiven eröffnen und den Fachkräftebedarf sichern. Was sich heute an sinkenden Ausbildungszahlen, an der Schulstruktur im ländlichen Raum oder an fehlender beruflicher Orientierung zeigt, ist kein Randphänomen, sondern ein Trend. Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Schulpolitik, Regionalentwicklung, Arbeitsmarktpolitik, Unternehmen, Kammern und Wirtschaftsförderung gehören an einen Tisch.
Fünf Prinzipien für eine starke Bildungsregion
Für eine zukunftsfähige Bildungsregion Lippe braucht es: Schulische Bildung zukunftsfest machen – klare Kompetenzziele, verbindliche Berufsorientierung, realistische Übergangsperspektiven. Berufskollegs sichern – gerade im ländlichen Raum als tragende Säulen von Ausbildungsangebot und Bildungsvielfalt. Ausbildung ins Zentrum rücken – Matching verbessern, öffentliche Anerkennung steigern, Gleichwertigkeit mit akademischer Bildung herstellen. Weiterbildung und Aufstieg erleichtern – transparente Förderung, flexible Formate, betriebliche Lernorte. Verantwortung teilen – Politik, Verwaltung, Unternehmen, Kammern, Eltern und Schulen ziehen an einem Strang.
Diese Punkte sind nicht neu – aber sie dulden keinen Aufschub mehr. Jetzt ist die Zeit, sie konsequent zusammenzudenken. Bildung ist mehr als Qualifikation – sie ist Fundament für Teilhabe, Fortschritt und wirtschaftliche Stärke. Dieses Fundament gilt es zu sichern und auszubauen.
Realität in Lippe – ein Standortproblem
Die aktuellen Zahlen aus Lippe zeigen deutlich: Zwischen Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt klafft eine Lücke. Rechnerisch fast ausgeglichen, praktisch aber eine wachsende Diskrepanz. Denn es scheitert nicht an der Anzahl, sondern an der Passung – bei Qualifikation, Motivation und Erwartungen. Das ist längst nicht mehr nur ein Problem einzelner Betriebe, sondern ein Risiko für die gesamte Region.
Karrierewege jenseits der Hochschule sichtbar machen
Berufliche Bildung darf nicht als Sackgasse wahrgenommen werden. Die Höhere Berufsbildung mit Bachelor Professional und Master Professional eröffnet attraktive Aufstiegswege – praxisnah, führungsorientiert und gleichwertig zum Studium. Umso wichtiger ist es, diese Wege sichtbar zu machen, gezielt zu fördern und modern zu gestalten.
Konkret. Regional. Wirksam.
Den aktuellen Herausforderungen begegnen wir auf mehreren Ebenen: mit passgenauer Besetzung und Ausbildungsberatung für Unternehmen, durch Mitwirkung an der Schulentwicklungsplanung, mit Veranstaltungen wie dem Berufe live-Event sowie mit Angeboten wie dem Ausbildungsatlas oder dem Chancentelefon. Wir schaffen Orientierung – mit Erklärfilmen, Elternabenden, Lehrerfortbildungen und einem wachsenden Netzwerk engagierter Betriebe. Unser Ziel ist es, Hürden abzubauen und das Ausbildungssystem in der Region zu stärken.
Bildung ist kein Kostenfaktor – sie ist Zukunftssicherung
Eines steht fest: Wenn junge Menschen heute keine Ausbildung beginnen, fehlen sie morgen als Fachkräfte. Bildung ist kein Kostenfaktor – sie ist eine Investition in die Zukunft. Bildung allein löst den Fachkräftemangel nicht. Aber ohne Bildung ist er nicht zu bewältigen.
Und genau deshalb beginnt diese Aufgabe auch nicht mit einer Zahl.
Sondern mit der Entscheidung, keine Lücke mehr zu lassen – weder im Klassenzimmer noch im Betrieb noch in der Zukunft dieser Region.



