Lippe inside - Starke Typen
Mehr als nur ein Wollgeschäft
Gaby Brakemeier und Birgit Schulze-Schmidt sind starke Typen. Oder besser gesagt, ein starkes Team. Beide sind Inhaberinnen des Wollgeschäfts „Bösingfelder Wollzauber“ inmitten des Extertals. Dort gibt es Wolle, Nadeln, Fachzeitschriften und noch vieles mehr was das Handarbeitsherz erfreut. Auch Socken komplettieren das breitgefächerte Angebot. Doch dieses Geschäft ist nicht nur ein Einzelhandelsgeschäft, sondern vielmehr Treffpunkt für Menschen aus dem „Dorf“. Mit Dorf ist Bösingfeld gemeint, denn dort ist das Geschäft in unmittelbarer Nähe zum Rathaus ansässig. „Wir sind mehr als nur ein Laden. Wir sind Treffpunkt für jung und alt. Hier kommt man mit Fragen rund ums Handarbeiten. Auch Neuigkeiten aus dem Dorf werden ebenfalls besprochen. Außerdem habe wir eine Annahme für eine chemische Reinigung sowie eine Wäscherei. Neben den normalen Öffnungszeiten trifft sich jeden zweiten Mittwoch eine Handarbeitsgruppe, um zu schnacken, klönen oder das Strickgut zu bestaunen und zu bewundern. Auf solch einem Treffen haben sich die Beiden 2017 in Silixen (ebenfalls Extertal) kennengelernt. Die Sympatie stimmte sofort.
„Es war Liebe auf den ersten Blick“, lachen beide und meinen „sinnbildlich natürlich.“
Doch was definitiv Liebe auf den ersten Blick war, ist das Wollgeschäft, welches 2017 in Bösingfeld zum Verkauf stand. Gaby Brakemeier und Birgit Schulze-Schmidt, beide noch in Lohn und Brot, zögerten nicht lange, nahmen Kontakt zur damaligen Inhaberin auf, führten Kreditgespräche und besiegelten die Idee mit einer Unterschrift auf dem Pachtvertrag. Das ist jetzt fast fünf Jahre her. „Wir hatten so viel Glück im Unglück. Während der Umbauphase mussten wir noch Wände verputzen und etliches an Müll aus dem Lager wegräumen. „Es gab schon Momente, wo wir gedacht haben, was tun wir uns hier an?“, berichtet Gaby Brakemeier. Nach einer Rekordumbauzeit von knapp 4 Wochen, öffnete das Geschäft im Oktober 2018. Die beiden Frauen führten damals das Geschäft nur „nebenbei“. Schließlich sei das Unternehmen für später gedacht, wenn die Rente nicht ausreiche. Unterstützt wurden sie von 2 Mitarbeiterinnen. Die Bilanzen passen, das Geschäft läuft gut und abends werden noch Handarbeitskurse angeboten. „Und dann kam Corona.“ Beide nicken sich während des Interviews zu, denn für sie beginnt ab jetzt eine neue Zeitrechnung. „Wie so für viele andere auch, mussten wir den Laden schließen. Soforthilfe gab es. Jedoch hat es bei weitem nicht ausgereicht, die laufenden Kosten zu decken“. Sie halten durch, verbrauchen Erspartes und „machen was richtig „Verrücktes“: Sie verdoppeln mitten im Lockdown ihre Verkaufsfläche. Nebenan schloss das damalige Schuhgeschäft und damit bot sich die einmalige Gelegenheit, das Sortiment zu erweitern. Zum Beispiel mit Socken.
„Wir haben hier Auftrags-Strickerinnen, die während zwei Rosamunde-Pilcher-Abenden ein Paar Socken stricken.“
Diese werden dann im Laden verkauft. Socken seien immer noch der Renner, so beide Frauen.
Beide haben ein großes Haus mit einem großen Garten. Gaby Brakemeier (56 Jahre) lebt mit ihrem Mann und seit kurzem auch wieder mit ihrer erwachsenen Tochter in Laßbruch. Zur Zeit arbeitet sie an 2 Vormittagen in einer Wäscherei, nachmittags ist sie im Geschäft. Birgit Schulze-Schmit (56 Jahre) ist gelernte Bürogehilfin und angestellt in Hannover als Verwaltungsfachangestellte. Sie lebt mit ihrer Ehefrau und drei Katzen in Bösingfeld.
Auf die Zukunft angesprochen, wünschen sich beide mehr Unterstützung „Wir versuchen hier den Ortskern zu erhalten. Wir sind viel mehr als nur ein Geschäft. Wir bekommen so viele positive Rückmeldungen von Menschen aus dem Ort.“ Und dann kommt es aus einem Mund: „Dann wünschen wir uns noch, dass die Geschäfte wieder so gut laufen wie vor Corona.“