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Titelthema

Ein Wahnsinn an Dokumentationspflichten

„Mische jeder Arznei ein Tröpfchen Hoffnung bei.“ Dieser Leitspruch von Apotheker Dr. Lars Ruwisch macht deutlich, dass es ihm nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern auch um Menschlichkeit und Nähe geht. Doch ein regulierter Markt und zunehmende Bürokratie lassen dafür wenig Raum.

„Wir hängen am Tropf der Politik sowie der Krankenkassen.“ Über Geld spricht man bekanntlich nicht gerne, doch Dr. Lars Ruwisch findet ganz klare Worte, wenn es um Vergütungen in „seiner“ Branche geht. „Die Kosten steigen kontinuierlich, alle Lieferanten und Partner sind teurer geworden, nur bei uns ist alles beim Alten geblieben. Die Apotheken haben keine Möglichkeit, ihre Einnahmen zu erhöhen, weil die Honorare vom Gesetzgeber festgelegt werden.“ Der 50-Jährige, der in Lage die Hirsch-Apotheke und die Ross-Apotheke sowie in Lemgo die Medicum Apotheke betreibt, spricht von gut 80 Prozent des Umsatzes, den verschreibungspflichtige Medikamente ausmachen. Seit über elf Jahren habe es keine Anpassung des Fixzuschlages gegeben. „Wir kleben immer noch bei 8,35 Euro plus drei Prozent vom Einkaufspreis. Davon ab gehen zwei Euro Zwangsrabatt, die wir an die Krankenkassen geben müssen“, ist Ruwisch sauer und sieht dringend Handlungsbedarf.

Die Bedeutung der Apotheke werde vor allem in der Politik zu geringgeschätzt. Man sei ähnlich wie die Ärzt:innen Tag für Tag zu großen Teilen für die Kranken, die sozial Schwachen und die Alten da, die aber leider keine Lobby hätten und weder in der Politik noch in den Krankenkassenspitzen säßen. „Inzwischen arbeiten wir in zu vielen Bereichen unterhalb der Wirtschaftlichkeit“, verweist der Pharmazeut unter anderem auf die „Rosinen-Pickerei“ von Online-Versandapotheken, die beispielsweise keine Rezepturen herstellen. „Allein die Dokumentation für verschriebene Rezepturen ist der Wahnsinn“, bestätigt auch seine Ehefrau Ute Ruwisch. „Wir könnten vorne in der Offizin die Tür schließen und uns den ganzen Tag verwalten“, macht die Apothekerin den gestiegenen Aufwand deutlich. 

„Die Bürokratie lähmt uns. Da läuft etwas in die falsche Richtung.“

Zeitfressende Anfragen bei verschiedenen Importierenden, kleinteilige Lieferverträge und variierende Vorgaben der unterschiedlichen Krankenkassen sowie eine übertriebene Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden ständen auf der Tagesordnung. Trotz Frust und Sorgen betonen die Apotheker:innen, dass dieser Beruf nach wie vor auch viel Freude bringt. „Die Kunden sind enorm dankbar, weil wir uns kompetent, individuell und vertrauensvoll um sie kümmern“, nennt Lars Ruwisch einen der wichtigsten Gründe.

Text: Sandra Castrup

   

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