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„Apotheke-light“ ist keine Option

„Wir werden immer weniger.“ Apotheker Christian Schmidt nennt das Kind beim Namen und spricht von einem schleichenden Sterben stationärer Apotheken. Auch im lippischen Raum. Auf der Liste der Gründe stehen ganz oben: der demographische Wandel sowie fehlendes Fachpersonal.

Zugegeben, die Zahlen, die Christian Schmidt nennt, hören sich im ersten Moment keineswegs besorgniserregend an. Mit seinen 46 Jahren positioniert sich der Apotheker in der Alterspyramide im gesunden Mittelfeld. Um seine drei Detmolder Filialen, die Apotheke im Medicum, die Hof-Apotheke sowie die Paulinen-Apotheke „am Laufen“ zu halten, stehen ihm 50 Mitarbeitende zur Verfügung. „Noch ist bei und alles im grünen Bereich“, gibt Christian Schmidt zu, doch auf diesem Polster kann und möchte sich der Geschäftsmann nicht ausruhen. Regelmäßig werden in seinen Apotheken Pharmazeutisch-kaufmännisch Angestellte ausgebildet und Jahr für Jahr können hier angehende Pharmazeutisch-technische Angestellte sowie angehende Apotheker:innen ihr halbjähriges beziehungsweise einjähriges Praktikum absolvieren. „Wenn wir Glück haben, bekommen wir auch jedes Jahr welche“, berichtet Christian Schmidt von einer zurückgehenden Zahl an potentiellen Nachwuchskräften.

„Wir versuchen das Praktikum so interessant wie möglich zu gestalten und lassen die jungen Leute in so viele Bereiche wie nur möglich schnuppern“, verrät Schmidt die Taktik, um im besten Fall künftige Mitarbeitende zu gewinnen. Der Job sei enorm attraktiv, findet der Apotheker und spricht von Familienkompatibilität dank flexibler Arbeitszeitmodelle. „Wir orientieren uns an den jeweiligen Bedürfnissen. In der Medicum-Apotheke haben wir beispielsweise Öffnungszeiten zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr. Da können die Stunden in der Offizin flexibel verteilt werden.“

Spätestens in der Pandemie hätten die Menschen die Apotheke vor Ort wieder zu schätzen gelernt, berichtet Christian Schmidt, bei dem der Vorschlag einer „Apotheke-light“ von Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach für Kopfschütteln sorgt. „Es gibt doch auch keine Arztpraxis ohne Arzt.“ Das Kümmern um die Belange seiner Kund:innen sowie die Versorgungsqualität stehen für Schmidt an erster Stelle. Doch die Probleme in Sachen Lieferengpässe, die nach der Pandemie aufgetaucht sind, bereiten ihm Sorgen. „Die Produktion von beispielsweise preiswerten Schmerz- und Fiebersäften für Kinder dominiert der asiatische Raum. Wenn von dort nichts kommt, gucken wir in die Röhre.“ Schmidt wünscht sich Reformen. Vor 100 Jahren sei Deutschland noch die Apotheke der Welt gewesen. „Es ist notwendig, die pharmazeutische Industrie wieder nach Europa zurückzuholen“, wirbt der Pharmazeut.

Text: Sandra Castrup

   

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