Titelthema
Respekt, Freundlichkeit und Vertrauen
Die Lippe Reha GmbH & Co. KG betreibt mehrere Physiotherapie- und Trainingseinrichtungen. In Detmold, Lemgo und Bad Salzuflen werden physiotherapeutische Behandlungen und ein gesundheitsorientiertes Fitnesstraining angeboten. Seit zwei Jahren ergänzt eine spezialisierte Kinderpraxis in Detmold-Heiligenkirchen das Portfolio. Über 100 Menschen arbeiten mittlerweile für Lippe Reha. Gegründet wurde das Unternehmen vor 25 Jahren von der Physiotherapeutin Melanie Thamm und dem Sportlehrer Frank Ziegenbein. Über ihr Verständnis von Unternehmenskultur sprachen die beiden Inhaber:innen mit dem Journalisten und PR-Berater Tom Fluegge.
Was bedeutet Unternehmenskultur für Ihr Unternehmen?
Frank Ziegenbein: Unternehmenskultur ist ein Miteinander, das von Freundlichkeit im Umgang untereinander geprägt ist. Genauso beschreibt das Wort den Respekt gegenüber der Arbeit, aber auch gegenüber den Bedürfnissen der Mitarbeitenden. Letztendlich geht es um Verantwortung. Wir lassen nie jemanden hängen, der in Not ist, und wir helfen Mitarbeitenden, die defensiver sind und sich nicht so stark für ihre eigenen Interessen einsetzen.
Melanie Thamm: Für uns ist es ganz wichtig, dass wir alle auf Augenhöhe kommunizieren und möglichst wenig hierarchische Strukturen bei uns Einzug halten. Wenn ich so ein großes Team habe, warum soll ich dann nur mit zwei Leuten in einem kleinen Kämmerchen sitzen und immer die gleichen Gedanken im Kreis drehen? Wir holen alle mit ins Boot, erhalten so wertvolle Impulse und Ideen und versuchen das umzusetzen.
Welche Kultur braucht ein Unternehmen, um langfristig zu bestehen?
Melanie Thamm: Eine Kultur von Freundlichkeit und Vertrauen. Wir nennen es ein familiäres Miteinander, weil die Familie etwas ist, wo ich mich wohlfühle. Das ist zum Teil auch Eigennutz: Ich möchte morgens in mein Unternehmen kommen und mich wohlfühlen und da auch gerne den ganzen Tag verbringen. Und wenn das den Mitarbeitenden auch so geht, dann bleiben sie.
Frank Ziegenbein: Die Mitarbeitenden gestalten das Unternehmen mit. Zwei Drittel der Spielregeln von Lippe Reha hat das Team selbst aufgestellt, und alle unterschreiben diese Spielregeln bei Stellenantritt. Und in gewissen Situationen ist es wichtig, dass auch Außenstehende mitgestalten. Coaching von Mitarbeitenden, Supervision bei schwierigen Kunden- oder Patientenbeziehungen sind wichtige Schritte.
Welchen Vertrauensvorschuss sollten Mitarbeitende bekommen, wenn sie neu ins Unternehmen kommen?
Melanie Thamm: Ich glaube, es ist wichtig, dass neue Mitarbeitende sich als gleichwertiger Teil vom Team fühlen und nicht erst mal nur in die Ecke gestellt werden. Meistens passiert sowieso folgendes: Jemand fängt an, jemand anderes fällt aus und wir müssen die Neuen gleich ins kalte Wasser schubsen. Und dann ist es natürlich toll, wenn man merkt, dass die anderen das den Neuen auch zutrauen.
Frank Ziegenbein: Genauso wichtig ist es, Dinge abzugeben und nicht nur zu delegieren. So haben wir vor einigen Jahren unsere Bereichsleiter zu echten Standortleitern gemacht. Natürlich besteht ein bisschen die Gefahr, Dinge persönlich zu nehmen, wenn sie dann anders laufen als selbst gemacht, aber es lohnt sich immer. Wer machen darf, kann sich entfalten, und das nutzt dem Unternehmen.
Wie hat sich die Kultur im Arbeitsmarkt der letzten Jahre verändert?
Frank Ziegenbein: Uns gibt es jetzt 25 Jahre. In den ersten 15 Jahren haben wir keine einzige Stellenanzeige veröffentlicht. Da gab es einen Stapel von Bewerbungen in der Schublade, und wenn jemand gesucht wurde, haben wir erst mal da geschaut.
Melanie Thamm: Und trotzdem gibt es immer noch Bewerbungen. Heute suchen sich die Leute eben eher etwas anderes, wenn sie sich in einem Unternehmen nicht wohlfühlen. Und da hat sich unsere Arbeit verändert. Wir müssen uns viel mehr um die Leute kümmern. Das Wichtigste ist die Aufmerksamkeit, dass man sich das bewusst macht. Und Zuhören ist ganz wichtig.
Was bedeutet Arbeitgeberverantwortung? Gibt es auch Arbeitnehmerverantwortung und wie hat sich das Verhältnis der beiden verändert?
Melanie Thamm: Die eigene Freizeit steht heute im Vordergrund. Vorzugsweise von den Jüngeren können wir da aber auch ein bisschen lernen, uns selbst nicht immer so vollzupacken und ein wenig auf unsere Freizeit zu achten. Man kann den Mitarbeitenden aber auch klar machen, dass alles ein Geben und Nehmen ist. Es können nicht alle zwischen acht und zwölf arbeiten und dann passiert den ganzen Tag nichts mehr. Ich kann aber Arbeitszeiten verändern und auf Bedürfnisse Rücksicht nehmen.
Frank Ziegenbein: Es gibt auch die Verantwortung der Arbeitnehmenden dem Unternehmen gegenüber, und die Verantwortung der Arbeitnehmenden untereinander. Letztendlich ist es das, was ein Team ausmacht. Das ist ein hohes Level, letztendlich geht es ja um eine Gruppengemeinschaft.
Wenn es gelingt, diese Gruppenkonstellation auf einem guten Level zu halten, wächst ein Verantwortungsgefühl und das nutzt der Identifikation mit dem Unternehmen. Schließlich erzielt ein Unternehmen mit einer guten Kultur auch ein besseres wirtschaftliches Ergebnis und wird nach außen attraktiver. Es bringt nichts, mir irgendwelche Leitbilder an die Wand zu schreiben, wenn ich sie dann meinen Mitarbeitern gegenüber nicht auch lebe.
Ein Fazit: wohin mit der Unternehmenskultur?
Frank Ziegenbein: Das Geheimnis ist die gute Mischung aus gesundem Menschenverstand und Empathie. Kein Unternehmen lebt 20 Jahre ohne Krise, also gilt es, den Aufgaben und Herausforderungen positiv gegenüberzustehen.
Melanie Thamm: Mit einem gesunden Realismus lebt ein Unternehmen am besten – übrigens mit der Betonung auf gesund.