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Fokus

Mehr als Klimaschutz

950 Azubis haben seit 2014 Projekte entwickelt, gespart und dazugelernt. Diesmal überzeugte das Team von Schwering & Hasse.

Fridays for Future? Freitags zu demonstrieren können sich Auszubildende in der Regel nicht leisten. Was aber nicht heißt, dass sie sich nicht für Klimaschutz und für den sparsamen Umgang mit Energie und Ressourcen interessieren. Und engagieren! Das sieht man jedes Jahr im „Projekt EnergieScouts OWL“.
Seit 2014 rufen die IHKs Lippe und Ostwestfalen gemeinsam mit den Wirtschaftsjunioren Lippe zum Wettbewerb um die besten Projekte für mehr Energie- und Ressourceneffizienz auf. Knapp 950 Azubis haben seitdem in fast 180 Teams an den Schulungen teilgenommen, Einsparpotenziale im Unternehmen entdeckt und Projekte entwickelt. Zieht man einen Strich unter alle Projektergebnisse, so sparen die Vorschläge in den beteiligten Unternehmen mittlerweile jährlich 2,27 Millionen Euro. 

Mitmachen lohnt sich 
Viele Unternehmen sind „Wiederholungstäter“! Sie haben erkannt, dass sich das Mitmachen lohnt, nicht nur finanziell. Zum einen spielt das Thema Klimaschutz in allen Unternehmen eine wachsende Rolle. Da bietet es sich an, die junge Generation einzubinden, das Zukunftsthema anzupacken und Veränderungen auf den Weg zu bringen. Vorteil: Die Auszubildenden gehen ohne Tunnelblick durch den Betrieb. Mit ihren Ideen können sie oft zeigen, dass auch mit kleinen Schritten viel zu erreichen ist – und so zum Vorbild und zu Motivatoren für langjährige Mitarbeiter:innen werden. Allein 2021 konnten durch die umgesetzten Maßnahmen 800 Tonnen CO2 eingespart werden.

Vielfältige Lerneffekte 
Für die Auszubildenden ist der Gewinn einer der drei von den Sparkassen Paderborn-Detmold und Bielefeld sowie den Wirtschaftsjunioren Lippe gespendeten Geldpreise der ersehnte Höhepunkt des Projekts. Im Nachhinein sind es aber ganz andere Dinge, die von bleibendem Wert sind: Erstmals mit Azubis aus anderen Berufen ein eigenes Projekt zu managen, Hürden zu erkennen und zu überwinden, externe Expert:innen anzusprechen und einzubinden, Projektergebnisse vor der Jury und der Geschäftsleitung zu präsentieren – das lässt die Auszubildenden (über sich hinaus) wachsen.
Wie das Team von Schwering & Hasse aus Lügde, das es 2021 aufs virtuelle Siegertreppchen geschafft hat. Matthias Carl von der IHK hat mit einem Teil des Sechserteams über die Erfahrungen sprechen können.

Was habt Ihr mit dem Gewinn gemacht? 
Schildmann: Leider nichts Besonderes. Eigentlich wollten wir eine Party machen. Das klappt aber wegen Corona nicht. Jetzt haben wir uns das Geld einfach geteilt.

Wofür habt Ihr denn den Preis bekommen? 
Schewalje: Wir haben einen Kühlwasserkreislauf für eine neue Flachdrahtanlage entworfen. Damit sparen wir pro Jahr und Maschine fast 400 Kubikmeter vollentsalztes Wasser und 1.850 Euro Wasserkosten. 

«Das Konzept wird nun in sechs weiteren Anlagen umgesetzt.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen? 
Schewalje: Anfang 2021 war ich im Bereich Werkstechnik eingesetzt und habe mich mit den Maschinenplänen für unsere neuen Anlagen beschäftigt. Da habe ich nachgefragt, was eigentlich mit dem ganzen Kühlwasser passiert. Auf der Zeichnung ist das einfach ins Nichts gegangen, also in den Abfluss. Das war der Ursprung unseres Projekts. Im Team hatten wir noch zwei andere Ideen. Die haben wir aber verworfen. 

Warum?
Schewalje: Der Aufbau der Kühlkreisläufe bot die besten Chancen, die Geschäftsführung zu überzeugen. Schließlich ging es auch um viel Geld. 

Wie habt Ihr Euch organisiert?
Schewalje: Als Ideengeber hatte ich irgendwie automatisch den Hut auf. Ich habe dann die Treffen vorbereitet und wir haben gemeinsam entschieden, wer was macht. Die gewerblichen-technischen Azubis haben sich z.B. um die Konstruktionen und Planzeichnungen gekümmert und die kaufmännischen um die Berechnungen. Alle haben sich nach dem Motto „Das kann ich, das mache ich!“ mit ihren Talenten eingebracht. 

Habt Ihr Euer Ziel erreicht?

Schewalje: Ja, aber nicht zu 100, sondern „nur“ zu 70 Prozent. Das liegt daran, dass wir eigentlich auch das Wasser in der Drahtreinigung im Kreislauf führen wollten. Das macht aber wegen der starken Verunreinigung keinen Sinn. Die Idee ist trotzdem nicht vom Tisch. Die Werkstechnik versucht gerade, das Problem mit einem Filter zu lösen. 

Also gab es auch Stolpersteine auf dem Weg?
Schewalje: Klar, neben dem „Scheitern“ an der Drahtreinigung gab es immer mal wieder Blockaden. Momente, in denen wir nicht weitergekommen sind, weil wir etwas bei einer Berechnung oder Zeichnung nicht bedacht hatten. Meist hat es gereicht, eine Nacht drüber zu schlafen oder unsere Betreuer:innen zu fragen.

Wie ist Euer Projekt angekommen?
Schewalje: Die Geschäftsführer haben uns immer unterstützt und alle Investitionen mitgetragen. Sie haben unsere Projektergebnisse vor der Belegschaft gelobt und sich besonders über unseren Erfolg beim Energie-Scouts-OWL-Wettbewerb gefreut. Wir haben das Projekt aber auch in einem Beitrag in unserem Intranet vorgestellt. Dafür haben wir so viele Likes erhalten wie kaum ein anderer Beitrag in den letzten Monaten. 

Was habt Ihr gelernt? 
Schildmann: Ich habe die anderen Berufsbilder besser kennengelernt. Wir befassen uns z.B. mit dem Thema Amortisation sonst gar nicht. Das fand ich spannend, selbst nachvollziehen zu können, wann sich etwas rechnet. Schewalje: Ich sehe das Thema Wirtschaftlichkeit heute unter einem ganz anderen Blickwinkel. Und die Einblicke ins Projektmanagement bieten mir vielleicht sogar eine neue berufliche Perspektive, auf die ich sonst nicht gekommen wäre. 
Rolef: Dass man wachsamer durch die Fertigung laufen sollte. Da gibt es noch viel Einsparpotenzial, das eigentlich offensichtlich ist. Wie mit dem Wasser. Man muss die Prozesse immer wieder hinterfragen. Ich gehe jetzt mit offeneren Augen durch die Welt und denke darüber nach, wie ich auch privat sorgsamer mit den Ressourcen umgehen kann.

   

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