Lippe Wissen und Wirtschaft

Titelthema

Branchengesichter der Immobilienwirtschaft in Lippe

Die Immobilienwirtschaft ist in Lippe viel­fältig und besteht nicht nur aus Makler:innen und Bauträger:innen. Wir werfen deshalb mit einzelnen Schlaglichtern kurze Einblicke in verschiedene Teilbranchen.

­Projektentwickler mit langem Atem: 
Vincent Sander – 
Immobiliengruppe 
Sander 

An Mut fehlt es nicht in der Immobilienbranche, findet Vincent Sander. Und an Mut hat es dem 40-Jährigen ebenfalls nie gefehlt. Vor 10 Jahren begann der Detmolder gemeinsam mit seinem Vater Klaus Sander, die Weiterentwicklung vom klassischen Architekturbüro 
zu einem ganzheitlichen Projekt­entwickler. Heute arbeiten 20 Mitarbeitende für die Sander Immobiliengruppe. „Wir begleiten den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie“, beschreibt Vincent Sander das Aufgabenfeld, welches von der Projektidee über die Planung, den Hochbau, die Vermarktung bis hin zur Verwaltung reicht. Auf den Industrie- und Gewerbebau sowie den Geschossbau hat sich das Unternehmen spezialisiert. Als Marathon­läufer weiß Sander, wie wichtig Ausdauer ist. Umso mehr ärgert er sich über politische Schnellschüsse. „Bauprojekte haben eine lange Vorlaufzeit, da kann man nicht spontan die Rahmenbedingungen ändern“, so der Betriebswirt mit Blick auf unangekündigte Streichungen von Förder­krediten. Doch Vincent Sander liebt die Herausforderung und will sich vor allem den Spaß an seiner Arbeit nicht verderben lassen. „Wir arbeiten mit einem Produkt, mit dem jeder Mensch etwas anfangen kann. Außerdem mag ich das Netzwerk dieser Branche“, lobt er die Zusammenarbeit verschiedenster Akteure. Wenn dann der Spatenstich für ein Projekt erfolge, das zudem eine große Bedeutung für die Region hat, mache es enorm stolz, seinen Beitrag geleistet zu haben, verrät Vincent Sander und nennt den Medi-Campus in Bad Salzuflen als ein Beispiel.


Hüter der lippischen Juwelen 
Arne Brand – 
Leiter der Immobilienabteilung des Landesverbands Lippe

Bei dem Begriff Immobilie denkt der Laie wohl spontan an Häuser und Wohnungen. Dass man in der Rechts- und Wirtschaftssprache aber von einem „unbeweglichen Sachgut“ spricht, weiß Arne Brand ganz genau. Nicht nur, weil er von Haus aus Jurist ist, sondern weil er als Leiter der Immobilienabteilung des Landesverbands Lippe auch die lippischen Highlights wie das Hermannsdenkmal oder die ­Externsteine betreut.
„Im Prinzip bin ich für alle lippischen Juwelen zuständig“, erzählt Arne Brand und nennt das Landestheater und die Burg Sternberg als Beispiele von rund 150 Gebäuden, die der Landesverband verwaltet. Ein Drittel steht unter Denkmalschutz. Private Objekte gehören genauso zum Portfolio wie gewerbliche Räume. Als Besonderheit hat der Landesverband 2.700 Erbbaurechte. Und dann sind da noch die 3.300 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Abwechslungsreicher kann es kaum sein, bestätigt Arne Brand, der in seinem Job viel koordinieren und kommunizieren muss, die Verbindungen zu Politik und Wirtschaft pflegt und Projekte wie die Erlebniswelt „Hermanneum“ leitet. „Aufgrund seiner Historie kümmert sich der Landesverband um die herausragenden Liegenschaften des ehemaligen Landes Lippe“, ist sich der 49-Jährige der Verantwortung bewusst, Altes zu 
begleiten sowie für die nächsten Generationen zu bewahren.


Funktionalität und Optik vereinen 
Elmar Wöstenkötter – 
RRR Stahl- und Gewerbebau GmbH

Wie schafft man es, im Stahl- und Gewerbebau mit spartanischen Mitteln viel herauszuholen? Elmar Wöstenkötter hat sich schon als Student nicht für den Bau von Prachtvillen interessiert, sondern für Gebäude, in denen gearbeitet und Geld verdient wird. „Diese Industrie- und Gewerbeflächen müssen zwar mit Funktionalität überzeugen, dürfen aber durchaus auch was fürs Auge bieten“, findet der Architekt. In seiner Diplom-Arbeit hat sich Wöstenkötter mit diesem Thema auseinandergesetzt und das Firmengebäude der RRR Stahl- und Gewerbebau GmbH entworfen. Dass es in Lage tatsächlich nach seinen Plänen entstehen sollte und er inzwischen hier als Geschäftsführender Gesellschafter tätig ist, hört sich an wie ein Märchen. „Einer der Gründer der Ursprungsfirma sang mit mir im Gospelchor Stapelage und fragte mich eines Tages, ob ich eine Angebotszeichnung machen könnte“, erinnert sich der 60-Jährige an den ersten Kontakt zurück. Die Firma RRR hat sich als Generalunternehmen für schlüsselfertiges Bauen über die Region hinaus einen Namen gemacht. „Wer durch Lippe fährt, kommt mehrfach an von uns errichteten Gebäuden vorbei“, verweist Elmar Wöstenkötter auf zig Referenzobjekte. Von Bauflaute könne in dieser Branche nicht die Rede sein, denn in jeder Krise gebe es Gewinner, die An-, Um-, oder Neubauten generieren.

Mehr als ein Hausmeisterservice
Dirk u. Sylvia Burgschweiger – 
Facilityservice OWL FSO GmbH 

„Wer mit dem Begriff Facilityservice nichts anfangen kann, der braucht uns nicht.“ Diesen Satz meint Dirk Burgschweiger keineswegs überheblich, sondern beschreibt damit seinen Kundenstamm. Das seien Immobilienbesitzende, die die Pflege, Betreuung, Verwaltung oder Vermittlung in professionelle Hände legen möchten. 
Dirk Burgschweiger ist das Hausmeister-Gen quasi in die Wiege gelegt worden. Der Schritt in die Selbstständigkeit 2015 als Hausmeisterservice OWL sollte ein Selbstläufer werden. Inzwischen firmiert das Familienunternehmen als Facilityservice OWL FSO GmbH und betreut ganzheitlich Gewerbe- und Wohnimmobilien, „überwiegend Einkaufs- und Fachmarktzentren sowie Bürogebäude“, konkretisiert der Unternehmer. „Wir waren schon immer anders als andere“, sagt Dirk Burgschweiger, der die Firma zusammen mit seiner Frau Sylvia leitet. Grinsend verweist er auf sein gegründetes „Hausmeister-TV“, welches jeden Freitag auf sozialen Medienkanälen sendet und potentielle Kunden auf die Firmenhomepage führt. „Allerdings können wir viele Anfragen nicht bedienen, weil es an Personal fehlt“, erzählt der 59-Jährige, warum die Facilityservice mit Hauptsitz in Detmold ab Januar 2025 ein Franchise-Unternehmen wird. Mit Franchise-Partnern soll sich dann um Immobilien in ganz Ostwestfalen-Lippe gekümmert werden.

Maklerin mit Empathie 
Gabriele Becker – 
Becker Immobilien

Gabriele Becker kann sich gut in andere Menschen hineinversetzen. Deshalb vermittelt die Immobilien-Ökonomin mit Empathie nicht nur erfolgreich Häuser und Wohnungen, sondern sogar auch schon mal so ganz nebenbei eine Ehe oder eine Anstellung. Neben den Geschichten, die hinter den Objekten stecken, interessiert sich Gabriele Becker besonders für die Gebäude an sich. Schließlich hat sie während 
Ihres Architektur­studiums schon ihren inzwischen verstorbenen Mann kennen­gelernt und angefangen, 
bei Becker Immobilien zu arbeiten. 
Es folgte ein Studium der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und seither makelt die Geschäftsfrau mit Leidenschaft. 
Auf die Frage, warum man überhaupt auf Makler zurückgreifen sollte, antwortet 
Gabriele Becker spontan: „Weil es so unglaublich viel Fachliches zu beachten gibt“. Schließlich gehe es um viel Geld. „Eine Immobilie ist das wert, was jemand zu zahlen bereit ist“, sieht es die Expertin pragmatisch. Besonders gerne gebe sie Käufern kreative Impulse, wenn es darum geht, was man aus älteren Bestandsimmobilien mit viel oder auch wenig Mitteln machen kann. „Leider ist momentan in Lippe wenig auf dem Markt, viele Käufer sind in der aktuelle Wirtschaftssituation ängstlich geworden und die Banken legen zu viele Steine in den Weg“, bedauert Gabriele Becker.

Vertrauen zahlt sich aus 
Henrieke Reese – 
Immobilienberaterin bei der Volksbank Schlangen

Wenn es um Menschen und deren Geldbörsen geht, dann ist Vertrauen gefragt. Vertrauen in die beratende Person bei der Bank, bei der Versicherung oder im Immobilienbüro. Henrieke Reese ist so eine Vertrauensperson. Als Immobilienberaterin bei der Volksbank Schlangen eG berät sie nicht nur beim Kauf oder Verkauf von Immobilien, sondern hat stets das große Ganze im Blick. Die Fachwirtin für Finanzdienst­leistungen weiß beispielsweise um die Hürden in Sachen Finanzierung. „Durch die strengeren Auflagen und mehr Regulatorik, sind Banken wesentlich strenger in der Vergabe von Geldern geworden“, erklärt Reese. Man müsse bedenken, dass die Lebenshaltungs- sowie die Wohnkosten exorbitant 
gestiegen sind. Da gelte es, genau und vor allem realistisch zu kalkulieren. „Mir ist es wichtig, meinen Kunden nah zu sein und sowohl ihre Bedürfnisse als auch ihre Möglichkeiten zu kennen“, so die 44-Jährige. Oft bestehen langjährige Geschäftsverbindungen. Man kennt sich. „Das ist wie in einer langjährigen Ehe. Man weiß, worauf man sich verlassen kann und worauf nicht“, zieht die Immobilienberaterin lachend einen Vergleich. Wenn sie durch ihre Vermittlung erfolgreich Menschen zusammenbringen kann und alle Beteiligten mit einem guten Gefühl aus dem Termin gehen, dann ist Henrieke Reese glücklich.

Ganzheitliche Entscheidungshelfer 
Sebastian Wroben – 
DEHRENDORF Immobilien oHG

Vor 25 Jahren fing alles als Architekturbüro mit dem Bau von individuell geplanten Einfamilienhäusern an. Heute vereinen die drei geschäftsführenden Gesellschafter der Dehrendorf Immobilien oHG mit Sitz in Detmold vieles mehr. Sie sind Generalplaner und Generalunternehmer, Bauträger, Sanierungs- und Modernisierungsberater und auch Immobilien- und Finanzierungsvermittler. Sebastian Wroben, Arne Dreier und Björn Rissiek sind aber vor allem eines: Entscheidungshelfer. „Wir gehen intensiv auf die Wünsche unserer Kunden ein und begleiten sie ganzheitlich und kompetent vom ersten Kennenlerngespräch bis hin zur Schlüsselübergabe“, nennt Sebastian Wroben die Firmenphilosophie, alles aus einer Hand anzubieten. 
Wichtig sei es dem Unternehmen, stets partnerschaftlich auf Augenhöhe zu agieren und umfänglich zu informieren. Festpreise sorgen dafür, dass Bauherren und Investoren konkret die Kosten kalkulieren können und sich keine Sorgen um Fehlinvestitionen 
machen müssen. „Wir kümmern uns darum, dass keine Frage hinsichtlich des Bauprojektes unbeantwortet bleibt und Entscheidungen auf einer sicheren Basis getroffen werden“, fasst es Sebastian Worben zusammen. Grundsätzlich würde sich der Betriebswirt im Arbeitsalltag von der Politik weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsfreude wünschen.

Fachfrau mit Fachfragen
Dr. Manuela Kramp – 
ASK Architektur- und Sachverständigenbüro

Luxus pur, Haus der Extraklasse, Toplage: Bei Immobilienangeboten wird oft nicht mit Superlativen gegeizt. Ein Blick hinter die Kulissen oder besser gesagt hinter die Mauern lohnt sich daher, damit es am Ende für den Käufer kein böses Erwachen gibt. Bausachverständige sind dabei eine gute Wahl, denn sie wissen genau, welche Punkte wichtig sind. „Wir stellen die richtigen Fragen“, sagt eine, die es wissen muss. Dr. Manuela Kramp ist seit mehr als 25 Jahren im Bauwesen tätig. Als promoviertes Handwerkerkind, selbstständige Architektin, vereidigte Bausachverständige, Energieberaterin und Bauleiterin entgeht ihrem geschulten Auge nichts. „Ich bin nicht besonders beliebt, wenn ich auftauche und alles hinterfrage“, weiß die Unternehmerin. Doch damit kann Dr. Manuela Kramp leben, denn sie vertritt ihre Kunden mit dem Ziel, nicht nur Gefahren zu erkennen, sondern auch negative Überraschungen und schlimmstenfalls eine Rückabwicklung vor Gericht zu vermeiden. Die Erlebnisse in diesem Job könnten ganze Bücher füllen. Kramp berichtet von fehlenden Baugenehmigungen, verschwiegenen Wasserschäden und bitteren Schicksalen bis hin zum finanziellen Ruin. „Es lohnt sich immer, eine Fachfrau oder einen Fachmann mitzunehmen“, wirbt Dr. Manuela Kramp, sich beim Immobilienkauf nicht auf warme Worte zu verlassen.

 

   

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